Ibrahima Ndiaye
Dikum Dakum - die geheimnisvolle Zauberformel

Schocolili Verlag, Saarbrücken, 2013
Gebunden, 28 Seiten, mit farbigen großformatigen Illustrationen von Capucine Mazille, 19,80 EUR

Rezension von Regina Riepe

„Du spuckendes Panzergesicht!“ „Du hast nichts als Wasser im Kopf! „Du bist doch das Allerletzte und denkst sowieso nur an dich!“ Na, da scheinen ja die Nerven blank zu liegen im Dorf der Tiere, wenn sich Hyäne, Schildkröte und Elefant derart beschimpfen. Was ist passiert?

Eine lang andauernde Trockenheit hat die Tiere in große Not gebracht, es gibt einfach nichts mehr zu Fressen. Der Elefant als Ältester im Dorf versammelt alle Tiere und schlägt vor, gemeinsam auf Nahrungssuche zu gehen. Was für eine Karawane setzt sich da in Bewegung: Löwe und Affe, Nashorn und Schildkröte - und das Schlusslicht bildet die Giraffe mit dem Chamäleon auf dem Kopf. Es hat die besten Augen und soll auf seinem hohen Ausguck nach etwas Essbarem Ausschau halten. Endlich kommt ein herrlicher Marula-Baum voller Früchte in Sicht. Doch der Baum ist verhext, kein einziges Tier kann auch nur eine Frucht davon pflücken. Eine alte Frau, die unter einem Baobab-Baum sitzt und Marula-Früchte verzehrt, verrät dem Elefanten die Zauberformel. Spricht man sie, so gibt der Baum seine Früchte frei. Sie beginnt mit Dikum Dakum.....und ist ziemlich lang! Der Elefant mit seinem Super- Gedächtnis prägt sie sich ein. Doch ein Wassertümpel lockt und nach einem ausgiebigen Bad hat er sie einfach vergessen. Wie peinlich, als er das den wartenden hungrigen Tieren gestehen muss. Natürlich hat die hinterhältige Hyäne nichts als böse Bemerkungen für ihn. Soll sie doch selber hingehen und versuchen, die Zauberformel zu behalten. Keine Frage, Hyäne regelt das, wir kennen solche großspurigen Typen! Als sie jedoch ein leckeres totes Dromedar findet und jeden Knochen genüsslich abnagt, hat auch die Hyäne die komplizierte Zauberformel vergessen. Böse Worte fallen, Not und Verzweiflung sind ein guter Nährboden für Zwietracht .Wobei „spuckendes Panzergesicht“ schon ein tolles Schimpfwort für eine wütende Schildkröte ist.

Wie soll es nur weitergehen? Der Elefant findet eine Lösung. Die Tiere teilen sich in acht Gruppen auf, denn die komplizierte Zauberformel besteht aus acht Worten. Jede Gruppe muss sich nur ein einziges Wort merken, das schaffen die Tiere gerade noch. Und als sie den Spruch dann in der richtigen Reihenfolge unter dem Baum aufsagen, fallen die leckeren Früchte auf sie herab, mehr als genug für alle!

Es sind die Schimpfwörter, der Streit und die bösen Blicke zwischen einer wütenden Schildkröte und einer zornigen Hyäne, die das Buch so vergnüglich machen. Man fühlt sich irgendwie ertappt... Jedes Kind kennt diese Blicke, diese bösen Bemerkungen, mit denen sich die Kontrahenten die Schuld zuschieben, wenn wieder mal etwas schief gegangen ist. Nun, jeder Erwachsene kennt solche Situationen natürlich auch....Dass Zusammenhalt die Lösung ist und nicht einer allein immer alles können muss, ist eine wundervolle Botschaft, zumal sie nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern voller Witz übergebracht wird.
Das Märchenmotiv vom verzauberten Baum, an dessen Früchte die hungrigen Tiere nicht herankommen, gibt es in vielen afrikanischen Kulturen. Auch John Kilaka erzählt es in seinem Bilderbuch „Der wunderbare Baum“ – allerdings mit einer völlig anderen Lösung!

Die Kraft des Zusammenhalts beschwört dieses Bilderbuch, das zunächst in Ruanda erschienen ist. Die Zeichnungen der bekannten Illustratorin Capucine Mazille, einer Niederländerin, die heute in Frankreich lebt und die Texte von Ibrahima Ndiaye (Ibou), eines Senegalesen aus Saarbrücken sind witzig, frech und überhaupt nicht moralisierend. Es ist einfach hinreißen zu sehen, wie eine wütende Hyäne die Schildkröte angiftet, während zwei Erdmännchen und ein Nashorn dabei böse zuschauen, alles realistisch und mit einem Augenzwinkern gezeichnet!

Nachdem das Bilderbuch zunächst in Ruanda – auf Kinyarwanda – erschienen ist, hatte die Geschichte auf der KIBUM 2012 in Oldenburg großen Erfolg. Trotzdem fand sich lange kein deutscher Verlag, für dieses Buch. Nun ist es endlich im kleinen Schocolili-Verlag erschienen und kann entweder über den örtlichen Buchhandel (ISBN 978-3-944059-07-5) oder beim Verlag selbst unter schocolili.verlag@googlemail.com bestellt werden.